Seite drucken
Gemeinde Dobel

T16 - „Doppelte Redoutte auf‘m Tobel“

Schwarzwald-Linie/Eppinger Linie + Bühl-Stolihofener Linie/Ettlinger Linie

Diese Verteidigungslinien wurden ab 1692/93 errichtet, um den deutschen Südwesten gegen die Expansionskriege des französischen Nachbarn zu schützen. Nur zwanzig Jahre nach dem Ende des Dreißigjährigen Krieges (1618 - 1648) begann „Sonnenkönig“ Louis XIV mehrere „Reunionskriege“, mit denen er die Anerkennung seiner Gebietsanektionen (u.a. das Elsass) vom „Heiligen Römischen Reich Deutscher Nation“ erzwingen wollte.

Pfälzischer Erbfolgekrieg (1688— 1697)

Mit dem Streit um die Erbfolge in der Pfalz verschaffte sich der Sonnenkönig einen Grund, um 1688 mit einem Heer von 40.000 Mann im deutschen Südwesten einzufallen. Louis XIV nutzte die „Gunst der Stunde“:
Die Reichstruppen waren bei Wien durch die Türkenkriege gebunden. Die marodierende französische Soldateska des Marschall Mélac verwüstete mit großer Brutalität große Teile der Pfalz, Badens und Württembergs. Ganze Landstriche wurden entvölkert, Burgen und Städte „entfestigt“, Dörfer angezündet. Die Zerstörung der Lebensgrundlagen der Bevölkerung und das Morden haben im deutschen Südwesten den Namen „Mélac“ zum Inbegriff für „Mordbrenner“ oder „Marodeur“ schlechthin gemacht.
Stellvertretend für Mélacs „Werk“ seien hier nur Heidelberg, Speyer, Durlach und das Kloster Hirsau genannt.

Bau der Schwarzwaldlinie

Auch das Schloss in Baden-Baden wurde zerstört während Markgraf Ludwig Wilhelm von Baden, besser als „Türkenlouis“ bekannt, vor Wien und in Ungarn gegen die Türken kämpfte. Der Kaiser ernannte ihn 1693 wegen seiner Verdienste im Türkenkrieg zum General-Leutnant der kaiserlichen Truppen, dem obersten Heerführer des Reiches.
Um das Mordbrennen im Westen zu beenden, beorderte ihn der Kaiser zurück an den Rhein. Hier wurde unter seiner Regie sofort mit dem Bau von Verteidigungslinien begonnen:
Die Schwarzwaldlinie, 200 km lang, vom Hochrhein bis zur „Schwedenschanze“ bei Neuenbürg und die Eppinger Linie von Pforzheim bis Neckargemünd.

Spanischer Erbfolgekrieg (1701 -1714)

Nur vier Jahre nach dem Friedenschluss von Rijswijk (1697) gab es Streit um die Thronfolge in Spanien. Sowohl die Habsburger als auch die Bourbonen machten Ansprüche geltend, die sie auch militärisch durchsetzen wollten. Eilig wurde deshalb die Bühl-Stollhofener Linie angelegt, um die im jetzt französischen Elsass stehenden Truppen Frankreichs bei ihrem Vormarsch in den Norden aufhalten zu können.
Im Mai 1707 wurde diese Linie von den Franzosen durchbrochen, Daraufhin wurde hektisch die Ettlinger Linie vom Rhein bis zum Schwarzwald gebaut. Zu Kampfhandlungen kam es aber an dieser neu gebauten Linie erst beim polnischen Erbfolgekrieg 1734. Jedoch war ein Teil der Besatzung von 1710 bis 1714 in Dobel einquartiert und der Dobler Pfarrer Johann Steudel hatte viele Soldatenkinder ins Taufbuch einzutragen. Viele höherrangige Soldaten hatten ihre Frauen dabei und auch manche Doblerin ging eine Verbindung ein.

Polnischer Erbfolgekrieg (1733 - 1738) und der Bau der „Doppelten Redoute“

In Erwartung eines erneuten Einfalls französicher Truppen begann im Oktober 1733 ein fieberhafter Ausbau der alten Verteidigungslinien. Die Ettlinger Linie, die vom Rhein bis auf den Dobel reichte, wurde instandgesetzt und erweitert. Dazu musste die Bevölkerung Frondienste leisten. Auf dem Dobel schloss die Ettlinger Linie an die Schwarzwaldlinie an. Die Verbindung vom Dobel zu den Schanzen der Schwarzwaldlinie auf dem Eiberg (Alexanderschanze, benannt nach dem württ. Herzog Alexander) sollte durch jeweils eine „Chartaque“ (hölzerner Wachturm) am Weg zur Eyachmühle und eine am Eyach-Übergang gesichert werden. Auf dem Dobel wurde vom Herbst 1733 bis Frühjahr 1734 in wenigen Monaten die „Doppelte Redoute auf dem Tobel“ sprichwörtlich „aus dem Boden gestampft. Leutnant Ingenieur Johann Lampert KolleffeI (1706-1763) hatte nicht nur die Bauleitung, erwar auch kaiserlicher Militärkartograph. Ihm verdanken wir die 1734 angefertigten detailgenauen Zeichnungen über die Bauweise der Redouten und Blockhäuser im Nordschwarzwald zwischen dem Kniebis und Dobel und die Karte mit deren Standorten. Der Dobler Redoute widmete er wegen ihrer besonderen Größe und Bauart eine extra Ansichts- und Schnittzeichnung.
Zwei Verteidigungsringe, jeder mit Graben, Sturmpfählen und Pallisaden, gaben ihr den Namen „Doppelte Redoutte“. Der äußere Graben hatte eine Seitenlange von 45 Metern im Quadrat, war 5 Meter breit und 3 Meter tief. Die ausgehobene Erde wurde zu einem Wall aufgeworfen, aus dem waagerecht die zugespitzen hölzernen Sturmpfähle ragten. Senkrechte Pallisaden dienten als Brustwehr. Hinter dem inneren Ring stand das zweigeschossige Blockhaus, 12 Meter lang und 6,50 Meter breit. Die Fenster waren verglast. Auf dem Dach thronte ein Ausguck für den Wachposten. Für die sichere Aufbewahrung der Munition wurde ein unterirdisches, gemauertes „Munitionsgewölb“ eingebaut. Vier eiserne Öfen waren zur Beheizung notwendig und zwei Öllampen sorgten für die Beleuchtung.
Über die Kosten der Schanzarbeiten, den Material- und Zeitaufwand sowie den Bedarf an Heizmaterial und Öl für die Lampen wurde akribisch genau Buch geführt:
Die Schanzarbeiten (Gräben ausheben, Wall aufwerfen, Sturmpfähle und Ravelin einbauen) sind mit 1490 Gulden angegeben (1 Gulden = 60 Kreuzer).
„Brodt“ und Lohn für einen „Schänze‘ kosteten täglich 6 Kreuzer, woraus sich 5600 Mann-Arbeitstage errechnen lassen. Bei einer Bauzeit von drei bis vier Monaten im Winter muss also ein große Zahl „Schänzer“ im Einsatz gewesen sein, zumeist Bewohner der umliegenden Dörfer, die zum Frondienst verpflichtet wurden. Die gesamten Baukosten samt Einrichtung beliefen sich auf 4032 Gulden und 5 Kreutzer. Heutiger Wert (2020): ca. 1/2 Million Euro. Auch Namen der Besatzung sind überliefert:
Obristleutnant Krumpholz und Hauptmann Schumacher werden in der Kostenaufstellung namentlich genannt. „Ober lnspectore aller Redouten“ war Baron de Schleppergrell.

Keine Kampfhandlungen an der Doppelten Redoute

Die Franzosen überrannten die „Ettlinger Linie“ bereits im ersten Anlauf im Mai 1734 bei Spessart in einer Gewitternacht. Auf dem Dobel kam es zu keinen Kampfhandlungen. Danach wurde es still um die „Doppelte Redoute“. Vielleicht nutzte die Besatzung der Dobler Schanzen (5. Tafel 18) im 1. Koalitionskrieg bei der „Schlacht am Dobelberg“ im Juli 1796 das Blockhaus als Quartier.
Im Winter 1813/1814 belegten während der Beifreiungskriege russische Truppen neun Wochen lang das Blockhaus, was die Einwohner wieder schwer belastete. Der Hunger soll so groß gewesen sein, dass sogar Unschlittkerzen (Unschlitt = Talg) aus den Stall-Laternen gegessen wurden.

Eingeebnet

Die militärstrategische Bedeutung des Schwarzwaldes untersuchte im Jahr 1819 der in württ. Militärdienst stehende Graf von der Lippe. In seinem Bericht bezeichnet er das Blockhaus als möglichen Quartierort für rund 50 Soldaten der rückwärtigen Linie. Es befinde sich noch in einem guten Zustand, stellte er fest. In der nur 15 Jahre später erstellten Ur-Vermessungskarte von 1835 ist das Blockhaus nicht mehr eingezeichnet. Die eingeebnete Fläche wurde im Vermessungs-Kataster „Redoutenfeld“ genannt. Darauf stehen jetzt vier Wohnhäuser.

http://www.dobel.de//freizeit-tourismus/aktiv/orts-und-waldhistorische-erlebniswanderwege/t16-doppelte-redoutte-aufm-tobel